Michel Altmayer, Amanda Shamo und Cornelia Schmitz verbringen ihre Pausen gern im neuen Fitnessraum.
Michel Altmayer, Amanda Shamo und Cornelia Schmitz verbringen ihre Pausen gern im neuen Fitnessraum.

Abschalten im Pflegealltag: Brömmelkamp der Diakonie Kästorf macht vor wie es geht

Augen schließen, durchatmen und für einen Augenblick zur Ruhe kommen – für die meisten Pflegekräfte kaum vorstellbar in der Hektik ihres Berufsalltags. Das Gegenteil beweist das Pflegeheim Brömmelkamp der Diakonie Kästorf mit einem ungewöhnlichen Projekt. Eine großzügige Spende, die ausdrücklich für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte vorgesehen war, gab den Impuls, bei der Gesundheitsvorsorge neue Wege zu gehen. „Ich bin mir darüber im Klaren, was meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tagein, tagaus leisten. Pflege ist kein Zuckerschlecken, Regenerationsphasen sind daher sehr wichtig“, macht Heimleiter Harald Baruschke deutlich.

Damit die Pflegekräfte im Brömmelkamp ihre Pausen effektiv zur Entspannung und zum Stressabbau nutzen können, hat sich Baruschke zusammen mit ihnen einiges einfallen lassen: Neben einem neuen Sport- und Fitnessraum gibt es auch einen Ruhebereich inklusive einem Entspannungs- und Massagesessel, auf den er besonders stolz ist: „Hier haben die Kolleginnen und Kollegen die Möglichkeit, vom anstrengenden Arbeitsalltag abzuschalten und Kraft zu tanken. Den Sessel konnten wir dank einer großzügigen Spende von Angehörigen einer Bewohnerin realisieren. Deren Wunsch war, etwas für unsere Pflegekräfte zu tun, die sich mit viel Herzblut und Einsatz um das Wohl der Bewohnerinnen und Bewohner kümmern. Genau das haben wir umgesetzt.“

100 unterschiedliche Entspannungsprogramme bietet das gut gepolsterte Sitzmöbel – von „Abwehrkräfte steigern“ über „Fantasiereisen“ bis „Morgenfrische“ ist alles dabei. Bei den Massageeinheiten, die zwischen zehn und vierzig Minuten variieren, werden Kopfhörer für eine passende akustische Begleitung und eine sogenannte Visualisierungsbrille getragen, die bei geschlossenen Augen Lichtimpulse für ein ideales Ruhesetting sendet. „Der Ruheraum kann von jedem Mitarbeitenden im Voraus gebucht werden, das tragen wir dann in eine Liste ein. Jeder, der möchte, kommt so auf seine Kosten und hat den Ruheraum für maximal 40 Minuten ganz für sich“, erzählt der Heimleiter. Auch kurzfristig kann der Sessel genutzt werden, sofern im gewünschten Zeitraum keine Buchung vorliegt. Eine Nutzung des Fitnessraumes ist immer spontan möglich, egal ob nach Feierabend, vor Arbeitsbeginn oder während der Pausenzeit. „Das Angebot wird sehr gut angenommen, die Investition hat sich also gelohnt“, ist er sicher. „Wir haben eine geringe Mitarbeiterfluktuation und einen niedrigen Krankenstand hier im Brömmelkamp, was für eine Pflegeeinrichtung wirklich bemerkenswert ist. Damit das auch so bleibt, finde ich es wichtig, Räume wie diese zu schaffen und damit für ein wenig Entlastung zu sorgen.“

Der Brömmelkamp ist kein Altenheim wie jedes andere, sondern eine Spezialpflegeeinrichtung für chronisch suchtkranke Menschen. Das Alter der Bewohner reicht von Anfang 50 bis Mitte 80 und es sind vor allem alkoholkranke Männer, die hier leben. Aufgrund des außergewöhnlichen Pflegekonzeptes, das in Deutschland so gut wie einmalig ist, kommen Aufnahmeanfragen aus der gesamten Bundesrepublik. Dieses Konzept beruht auf dem Ansatz, chronisch abhängigen Menschen den Alkohol nicht zu verbieten, wie es in anderen Pflegehäusern der Fall ist. Im Brömmelkamp dürfen die Bewohnerinnen und Bewohner sich frei bewegen und in Maßen trinken, solange sie sich an die Hausregeln halten. „Wir sehen unsere Bewohner als Mieter, die ihre Freiheiten haben und so lange wie möglich selbstständig sein sollen“, sagt Baruschke. Wer körperlich zu eingeschränkt ist, sich selbst Alkohol zu besorgen, bekommt ihn von den Fachkräften zur Verfügung gestellt. „Wer sein ganzes Leben getrunken hat, wird das im Alter nicht einfach aufgeben. Wir wollen die Menschen, die zu uns kommen, nicht kasteien und zum Entzug zwingen, sondern ihnen die Möglichkeit geben, in Würde zu leben und zu sterben.“ 

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