Ein Wunsch nimmt Form an: Aufbau einer regenerativen Landwirtschaft

Obst und Gemüse regional und saisonal in Bioqualität kaufen und essen – gesund und lecker – das liegt nicht erst seit Beginn der Corona-Krise im Trend. Lebensmittel wertschätzen und bewusst genießen sowie ein ressourcenschonender Umgang mit der Umwelt wird vielen Menschen immer wichtiger. Auch in der Dachstiftung Diakonie (DD) gibt es ein innovatives Projekt, das im Oktober 2019 seinen Anfang nahm und inzwischen, im wahrsten Sinne, sehr weit ausgereift ist: Mit dem Ziel, die verpachteten landwirtschaftlich genutzten Flächen der Stiftung Diakonie Kästorf in nachhaltiger Verantwortung zu bewirtschaften, wurden vor drei Jahren die „Regenerativen Diakonischen Betriebe Kästorf“ ins Leben gerufen.

Gesunde Lebensmittel, die Regeneration der Bodenfruchtbarkeit, eine ökologische Bewirtschaftung, mehr Artenvielfalt sowie der Klimaschutz sollten dabei an oberster Stelle stehen. Doch nicht nur das: Eingebunden ist das Projekt in das übergeordnete Ziel der Dachstiftung, den CO2-Ausstoß zu kompensieren und klimaneutral zu werden. Hierfür gibt es im Unternehmen schon eine Vielzahl an Ansätzen (wie die Einführung eines Nachhaltigkeitsmanagements, E-Auto-Fuhrpark, Fahrrad-Leasing, Entwicklung von Energiesparmaßnahmen, Re-/ Upcycling, Müllreduktion, Erstellen einer Gemeinwohlbilanz, Mitfahrzentrale, Tauschbörse...). Die Regenerativen Diakonischen Betriebe Kästorf sind ein weiterer wichtiger Bestandteil der DD auf ihrem Weg zu einer klimafreundlichen Arbeitgeberin. Als soziales Unternehmen übernimmt die Dachstiftung Verantwortung und erfasst ihren ökologischen Fußabdruck - um einen entsprechenden Ausgleich zu schaffen, CO2-Emissionen einzusparen und so dem Klimawandel entgegenzuwirken. Zum Beispiel durch die Etablierung einer ökologisch-regenerativen Landwirtschaft am Standort Kästorf.

Eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung des Projekts war unter anderem die Kooperation mit geeigneten Partnern, die das nötige Knowhow und Vorstellungskraft mitbringen und offen sind für neue Ideen. Diese wurden inzwischen auf allen Ebenen gefunden. Von Beginn an arbeitet die DD hierbei mit dem Projektkonsortium bestehend aus der Stiftung Ökologie & Landbau (SÖL), der Universität Kassel, der Agroforstberatung Triebwerk sowie dem Kolibri Netzwerk für Marktgärtnerei zusammen. Das gemeinsame Interesse und die Expertise in diesem Zusammenschluss besteht in der Spezialisierung auf Transformationsprozesse der Landbewirtschaftung bei kirchlichen Akteuren. Seitdem wachsen und gedeihen die Regenerativen Diakonischen Betriebe.

Auf dieser Seite erfahren Sie alles rund um die Regenerativen Diakonischen Betriebe Kästorf, lernen die Projektbeteiligten kennen, finden Infos zum Projektverlauf und bekommen die aktuellsten News. Wir freuen uns, wenn Sie regelmäßig vorbeischauen! 

Schritt 1: Ein partizipatives Betriebsentwicklungskonzept entsteht

Hintergrund und Vision

Hintergrund und Vision

Im Oktober 2019 gibt die Dachstiftung Diakonie den Startschuss für ein innovatives und nachhaltiges Projekt: Auf dem Gelände der Diakonie Kästorf sollen die verpachteten Flächen auf ökologisch-regenerative Weise bewirtschaftet werden - in Kooperation mit der Natur und den Menschen und zum Wohle der Schöpfung. Die Regeneration von Boden, Ökosystemen sowie Artenvielfalt stehen bei dem Vorhaben im Mittelpunkt, daher ist die Förderung einer sozial wertschätzenden, ökologisch wertvollen und ökonomisch tragfähigen landwirtschaftlichen Arbeit ein zentrales Anliegen.

Für die kompetente Umsetzung des Projektes arbeitet die DD mit dem Konsortium aus Stiftung Ökologie & Landbau (SÖL), der Universität Kassel, der Agroforstberatung Triebwerk sowie dem Kolibri Netzwerk für Marktgärtnerei zusammen. Diese Initiative, bestehend aus führenden Akteuren aus dem Bereich der ökologisch-regenerativen Landwirtschaft, unterstützt speziell kirchliche Einrichtungen bei der zukunftsfähigen Ausrichtung ihrer land- und forstwirtschaftlichen Flächen und arbeitet mit ähnlichen Werten wie die DD. Das Projekt soll kollaborativ umgesetzt werden – mit der aktiven Beteiligung unterschiedlicher Stakeholder und Gestaltungsspielraum für die Beteiligten. Die Arbeit in der Projektgruppe soll demokratisch und auf Augenhöhe erfolgen, ganz im Sinne des KGU-Prozesses (KGU = kollegial geführtes Unternehmen): einem strukturellen Kulturwandel weg von starren Hierarchien und hin zu agilen Kreisorganisationen, welchen die Dachstiftung Diakonie 2019 angestoßen hat und seitdem auf allen Ebenen durchläuft.

Die Vision

Mit dem Aufbau einer ökologisch-regenerativen Bewirtschaftung sollen die diakonischen Pachtflächen langfristig gesehen zukunftsfähig gemacht, möglichst geschlossene Kreisläufe angestrebt und durch landwirtschaftliche Produktion u. a. die diakonischen Einrichtungen (Kantine, Großküche) vor Ort versorgt werden (Eigenversorgung). Anfangs soll dies mit einem Market Garden realisiert werden. Auch eine Nahversorgung an weitere Kund*innen durch Direktvermarktung und/oder Solidarische Landwirtschaft (SoLaWi) wird dabei berücksichtigt - mit der Absicht, dass sich der landwirtschaftliche Betrieb mittelfristig selbst tragen und betrieblich eigenständig agieren. Die Dachstiftung Diakonie bzw. die Diakonie Kästorf mit den Diakonischen Betriebe Kästorf möchte sich daran beteiligen, sodass der diakonische Auftrag in Form der Qualifizierung für sozial benachteiligte Menschen erfüllt wird. 

Ziele und Projektbeteiligte

Ziele und Projektbeteiligte

2019 tritt die Dachstiftung Diakonie an die Stiftung Ökologie & Landbau (SÖL) heran mit dem Wunsch, beim Erstellen und Umsetzen eines Betriebsentwicklungskonzeptes für die Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen der Diakonischen Betriebe Kästorf unterstützt zu werden. Die SÖL ist Teil einer Unternehmensinitiatve, welche sich aus führenden Akteuren der ökologisch-regenerativen Landwirtschaft und interdisziplinär aus der Beratung, der Wissenschaft und dem Bildungsbereich - u.a. der Universität Kassel (Standort Witzenhausen), dem Kolibri Netzwerk für Marktgärtnerei, der Triebwerk Agroforstberatung und in diesem Projekt der Hochschule Hannover (Fachbereich Betriebswirtschaft) - zusammensetzt.

Gemeinsam mit Studierenden der beiden Hochschulen wurde ein Betriebsentwicklungskonzept für die Pachtflächen der Stiftung Diakonie Kästorf erstellt, erstens auf landwirtschaftlich-fachlicher Ebene und zweitens auf betriebswirtschaftlicher Vermarktungsebene. Es wurden Standortbedingungen ausgewertet, Mitarbeitende befragt, potenzielle Kunden und Kundinnen analysiert, Bodenproben untersucht, der Gebäudebestand unter die Lupe genommen und dazu passend bestmögliche Ansätze der ökologisch-regenerativen Bewirtschaftung für den Standort Kästorf herausgearbeitet. (Hier ein paar Zahlen zur Ausgangslage: Zur Planung stehen insgesamt 162 Hektar Ackerland sowie 205 Hektar Forstflächen zur Verfügung. Das Land ist verpachtet und die Diakonie ist weder im Besitz einer aktiven Hofstelle noch eines Maschinenparks).                                             
Eine weitere Zielsetzung stellt die Einbeziehung der entsprechenden diakonischen Mitarbeiter*innen bzw. Stakeholder im Rahmen begleitender Maßnahmen (z.B. Kompetenzaufbau, Weiterbildungen) dar.                                                                           
Die Projektbeteiligten in Persona sind (neben dem Vorstand der Dachstiftung Diakonie sowie Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen aus den Diakonischen Betrieben Kästorf und der Vicinitas Diakonische Quartiersentwicklung): Manuel Nagel (Stiftung Ökologie & Landbau (SÖL)), Dr. Christian Bruns (Universität Kassel), Marius Rommel (Kolibri Netzwerk für Marktgärtnerei), Prof. Dr. Henning Austmann (Hochschule Hannover) und Nicolas Haack (Triebwerk Agroforstberatung).

 

 

 

Elemente der Regenerativen Landwirtschaft

Elemente der Regenerativen Landwirtschaft

Die Studierenden der Universität Kassel stellen ihre ersten Ideen zur Regenerativen Landwirtschaft den Projektbeteiligten in Kästorf vor. Foto (c): Marius Rommel
Das Projektteam, v.l.n.r. Sarah Pickert (Vicinitas Diakonische Quartiersentwicklung); Dr. Jens Rannenberg (Vorstand DD); Olaf Grein (Diakonische Betriebe Kästorf); Dr. Christian Bruns (Universität Kassel); Manuel Nagel (Stiftung Ökologie & Landbau); Prof. Dr. Henning Austmann (Hochschule Hannover); Marius Rommel (Kolibri Netzwerk für Marktgärten & Mikrofarmen); es fehlt: Nicolas Haack (Triebwerk Agroforstberatung). Foto (c): Johanna Schuleit
Gruppenfoto aller Projektbeteiligten beim Abschlusstreffen der Planungsphase in Gifhorn. Foto (c): Johanna Schuleit
Vorstellung des Betriebsentwicklungskonzeptes. Foto (c): Marius Rommel

Schritt 2: Praktische Umsetzung und die Suche nach passenden Partnern

Zwei Junglandwirte übernehmen Pachtflächen

Zwei Junglandwirte übernehmen Pachtflächen

Eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung des Projekts war unter anderem die Kooperation mit geeigneten Landwirten, die das nötige Praxis-Knowhow mitbringen und offen sind für neue Ideen. Mit Lars Meinecke und Tobias Tepe wurden diese Partner und potentiellen Pächter Ende 2020 gefunden: zwei Landwirte mit Studienabschluss, jung, dynamisch und mit ersten Erfahrungen in ökologisch-regenerativer Landwirtschaft.

Tobias Tepe und Lars Meinecke lernten sich an der Georg-August-Universität in Göttingen kennen, beide studierten Agrarwissenschaften und machten 2018 ihren Master of Science. Im Anschluss an das Studium brachte Meinecke sein Wissen in den elterlichen Betrieb in Barwedel ein und erweiterte diesen um einen kleinen Bio-Zweig. Tepe wiederum arbeitete nach der Uni in einem mittelständischen Agrarunternehmen mit verschiedenen Betriebssitzen, machte sich hier ein vielfältiges Bild der landwirtschaftlichen Unternehmensführung und beschäftigte sich darüber hinaus unter anderem mit Möglichkeiten regenerativer Energieerzeugung. 

Die aktive Suche seitens der DD nach potentiellen Bewirtschaftern führte dazu, dass die beiden Junglandwirte Ende 2020 auf das Projektkonsortium und dessen Idee zum Aufbau einer ökologisch-regenerativen Landwirtschaft am Standort Gifhorn/Kästorf aufmerksam wurden. Ihr Interesse war sofort geweckt. Dann ging alles ganz schnell: die jungen Männer stellten den beiden Vorständen der DD und den weiteren beteiligten Projektpartnern ihre Ideen für die zu verpachtenden Flächen vor, basierend auf dem Betriebsentwicklungskonzept, und nach kurzer Zeit war ein gemeinsamer Nenner gefunden.

Was ist ein Market Garden?

Was ist ein Market Garden?

Der Beginn auf dem Weg zu einer ökologisch-regenerativen Landwirtschaft der Dachstiftung Diakonie / Diakonie Kästorf bildet der sogenannte Market Garden. Das ist ein Anbausystem, um auf kleiner Fläche hohe Erträge in biologischer Qualität zu erzielen. Der Rentabilität des Anbausystems liegt in der intelligenten Kombination ökonomischer, ökologischer und technischer Maßnahmen: keine schweren Maschinen, stattdessen viel Handarbeit, permanente Beete und dichte Bepflanzung, gute Bodenfruchtbarkeit und Artenvielfalt, effiziente Arbeitsabläufe und ausschließlich Direktvermarktung sorgen dafür, dass auf kleiner Fläche viel produziert werden kann. Die saisonale Vermarktung gehört auch zum Konzept. Somit werden lange Transportwege gespart, lokale Wirtschaftskreisläufe gefördert und dabei die Lebensgrundlage – „der Boden“ – gepflegt. Eine Win-win-Situation für Anbieter und Verbraucher, bei der die Frische und Qualität der Lebensmittel und die Sicherung von lokalen Arbeitsplätzen in der Landwirtschaft berücksichtigt werden. 

Einen ebensolchen Market Garden bauen die beiden Neupächter Tobias Tepe und Lars Meinecke gerade auf den Flächen der ehemaligen Gärtnerei in der Diakonie Kästorf auf – hier entsteht seit dem Frühjahr 2022 der erste „Marktgarten“ mit einer Vielzahl an schmackhaften Gemüsekulturen, die das ganze Jahr über sprießen. Dazu gehören Artischocken, Aubergine, Brokkoli, Chinakohl, Fenchel, Frühlingszwiebeln, Grünkohl, Knoblauch, Kürbis, Mangold, Paprika, Pastinake, Porree, Radieschen. Rote Beete, Rucola, Sellerie, Spinat, Wirsing, Zucchini und viele mehr.

Aus alt mach neu 

Seit Ende 2021 sind Tepe und Meinecke dabei, die alten Gewächshäuser und die umliegenden Anbauflächen des Gärtnereigeländes wieder auf Vordermann zu bringen. Und das mit Erfolg - inzwischen ist ein Großteil den Anforderungen entsprechend umgestaltet. Da das gesamte Gemüse nach ökologischen Ansprüchen und Zertifizierungsstandards im Erdboden wachsen soll und nicht in Nährschalen, wurden fast alle Pflastersteine aus dem Gewächshaus herausgenommen und der so freigelegte Bereich mit Mutterboden aufgefüllt. Zur Vorbereitung auf den Freilandanbau und das Pflanzen der Gemüsesorten im Gewächshaus haben die zwei im Februar mit dem Vorziehen erster Gemüsesorten begonnen. Die Pflanzen werden bis zu einem bestimmten Zeitpunkt großgezogen, damit sie nach dem Auspflanzen einen Zeitvorteil gegenüber Unkäutern und Schädlingen haben. 

z. T. Textwiederholung (falls Teaser-Box Market Garden bestehen bleibt)

Fun Fact

Erde für Market Garden aus Stadion Hannover 96

Lars Meinecke, links, und Tobias Tepe pflanzen die im Gewächshaus vorgezogenen Gemüsekulturen auf der angrenzenden Ackerfläche ein. Foto (c): Michael Uhmeyer
Tobias Tepe begutachtet die Qualität der Pflanzen. Foto (c): Michael Uhmeyer

Schritt 3: Gründung der ReLa Isetal

Tepe und Meinecke brachten genau die beruflichen Erfahrungen und fachlichen Kenntnisse mit, die für den praktischen Teil auf dem Weg zur Realisierung der „Regenerativen Diakonischen Betriebe“ noch fehlten. Auf beiden Seiten passte es auf Anhieb und so wurde nicht lange gefackelt: im Verlauf des Jahres 2021 wurden die Pachtverträge ausgehandelt und die beiden Landwirte gründeten die „Regenerative Landwirtschaft Isetal GmbH“ (kurz ReLa Isetal), an der auch die Dachstiftung Diakonie beteiligt ist. Bei der ReLa Isetal steht eine ökologische Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Nutzflächen im Vordergrund, unter Beachtung des Umweltschutzes, des Ressourcenschutzes und des Artenschutzes gemäß den ESG-Kriterien der Vereinten Nationen. ESG ist eine Abkürzung für die englischen Begriffe Environmental (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (Unternehmensführung); anhand der ESG-Kriterien werden Unternehmen nach ökologischen und sozialen Aspekten sowie ihrer verantwortungsvollen Unternehmensführung bewertet. Es werden nachprüfbare Kennwerte für jeden der drei Bereiche definiert, dadurch wird die Nachhaltigkeit von Unternehmen messbar.

 

Logo ReLa Isetal und Website verlinken, Infos Bio-Zertifikat ergänzen

Schritt 4: Ausblick

Projektbegleitforschung zum Monitoring der Humusentwicklung (ab 2023 geplant)

Es besteht das Ziel, durch die ökologisch-regenerative Bewirtschaftung eine Steigerung der Bodenfruchtbarkeit in Form von Humusaufbau zu erzielen. Neben vielen positiven Effekten könnte eine positive Humusbilanz im Sinne von CO2-Speicherung ein wertvolles Element zum strategischen Ziel der CO2-Neutralität der Dachstiftung Diakonie darstellen. Die Initiierung einer Begleitforschung zum Monitoring (systematische Erfassung) im Rahmen des anspruchsvollen aber zukunftsweisenden Ziel des Humusaufbaus durch diese besondere Form der Bewirtschaftung ist ab 2023 geplant.

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