Im Mittelpunkt stand die Reform des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes (SGB VIII). Die anwesenden Fachkräfte betonten, dass der noch von der Ampelkoalition ausgearbeitete Entwurf fachlich tragfähig und ausgewogen sei. Der Entwurf ist das Ergebnis eines langen Beteiligungsprozesses mit Praxis, Verbänden und Wissenschaft. Er sollte nach Ansicht der Beteiligten im weiteren Parlamentarischen Verfahren möglichst unverändert bleiben.
Chance für mehr Inklusion und Zugänglichkeit
Carola Hahne, Geschäftsführerin der Venito und Bundesvorsitzende des EREV, betonte: „Das inklusive SGB VIII bietet eine große Chance, Hilfen für alle Kinder und Jugendlichen zugänglich zu machen. Diese Chance dürfen wir nicht durch endlose neue Abstimmungen verspielen.“ Auch Dr. Pantazis lobte die Qualität des Entwurfs: „Der Gesetzentwurf wurde bereits als fachlich solide bewertet. Nun gilt es, ihn im Bundestag zügig einzubringen und mit möglichst wenigen Änderungen zu verabschieden.“
Fachlicher Austausch soll erhalten bleiben
Die Gesprächspartner:innen vereinbarten, im weiteren Gesetzgebungsprozess im engen fachlichen Austausch zu bleiben, damit Expertise aus der Praxis weiterhin einfließt und am Ende ein bestmögliches Ergebnis steht.
Weitere Herausforderungen: Prävention und Versorgung
Abseits der Gesetzesreform wurden weitere Herausforderungen der Jugendhilfe angesprochen. Ein besonderes Augenmerk galt der Stärkung präventiver Angebote, speziell im Gemeinwesen, z. B. in Kindertageseinrichtungen. Dr. Benjamin Strahl (AFET) hob hervor: „Besonders vulnerable Zielgruppen, wie Kinder psychisch und suchtkranker Eltern, erhalten oft viel zu spät Unterstützung. Eine enge Kooperation zwischen Kinder- und Jugendhilfe und Gesundheitswesen ist entscheidend.“
Mangel an Therapieplätzen als Belastung für Familien
Dringend angesprochen wurde außerdem der Mangel an Therapieplätzen für Kinder und Jugendliche. Lange Wartezeiten seien für viele Familien eine große Belastung. Stefanie Steinke, Regionalleiterin der Venito, betonte: „Wir erleben täglich, wie entscheidend es ist, dass Hilfen schnell und unkompliziert ankommen. Dafür braucht es sowohl klare gesetzliche Rahmenbedingungen als auch deutlich mehr qualifiziertes Personal.“
Bürokratische Hürden in der Praxis
Auch Dominik Kiefer und Annette Stender, beide Sozialpädagog:innen bei Venito, verwiesen auf die konkreten Herausforderungen in der täglichen Arbeit und unterstrichen den Bedarf an niedrigschwelligen Hilfen für Familien.
Hier müssen dringend die bürokratischen Hürden zwischen den Sozialgesetzbüchern abgebaut werden und Hilfen verzahnt den Familien zugutekommen. Die Kinder,- und Jugendhilfe begleitet die hilfesuchenden jungen Menschen. Viele junge Menschen und deren Familien können nicht auf Unterstützung zurückgreifen. Für diejenigen sind die Zugänge zu Hilfsangebote extrem schwierig, sowie mit viel bürokratischen Hürden versehen.
Kritik an Abschiebepraxis
Scharfe Kritik äußerten die Fachkräfte an der bestehenden Abschiebepraxis. Immer wieder würden Jugendliche mitten aus Einrichtungen und gelungenen Integrationsprozessen herausgerissen, obwohl sie engagiert und gut eingebunden seien. Die Teilnehmenden bezeichneten diese Praxis als skandalös, da sie Chancen vernichte und Vertrauen zerstöre. Dr. Pantazis stellte klar, dass er diese Abschiebungen kritisch sieht: „Ich möchte, dass die Integration der Menschen, die zu uns kommen, gelingt. Wenn junge Menschen motiviert sind und eine Ausbildung beginnen wollen, sollten wir diese Chance nutzen – nicht zunichtemachen.“
Fazit: Investition in die Zukunft
Am Ende des Gesprächs war man sich einig: Investitionen in die Kinder- und Jugendhilfe sind Investitionen in die Zukunft. Inklusive Strukturen, Prävention und verlässliche Hilfen sind Pflichtaufgaben des Gemeinwesens. Nur so lässt sich gesellschaftlicher Zusammenhalt dauerhaft sichern.