Schule mal anders - raus aus der Theorie

Bei meinem ersten Praktikum verbrachte ich die erste Zeit in einer logopädischen Praxis und die restliche Zeit im Kindergarten.

Nun war es so weit: Ich ging den ersten Morgen aus der Haustür und fuhr zur Arbeit in die logopädische Praxis nach Vechelde. Es standen die ersten zwei Wochen voller Praxis vor mir. Als ich ankam wurde ich von meiner Anleiterin für diesen Tag erwartet. Der erste Patient war schon da, sodass es direkt losgehen konnte. Ich saß zu Beginn still dabei und beobachtete das therapeutische Handeln, bis ich von dem zu behandelnden Kind aufgefordert wurde mitzuspielen. Das Spiel war auf die korrekten Bildung des Lautes „s“ ausgerichtet  und somit hatte ich den ersten Einblick in das Störungsbild Sigmatismus. Im Laufe der Tage lernte ich Kinder mit einer myofunktionellen Störung, Mehrfachbehinderung, phonetischen Störung, phonologischen Störung und Autismus kennen.

Am dritten Tag durfte ich das erste Mal einen Teil einer Therapiestunde leiten. Doch ich wusste, dass ich ja gerade mal 6 Monate meiner Ausbildung gemacht hatte und somit Fehler kein Problem waren. Meine Anleiterin stand mir mit Hilfe und guten Tipps beiseite, sodass ich die Therapie mit Erfolg meistern konnte.

Außerdem lernte ich verschiedene Therapiemethoden wie die NF!T (Neurofunktionstherapie), das Castillo Morales-Konzept und die Methode von Anita Kittel genauer kennen.

Die Übungen nach Kittel waren mir schon bekannter, aber die NF!T erstaunte und interessierte mich bei jedem Patienten immer wieder. Meine Kolleginnen verwendeten Zahnbürsten, Spatel und Schnuller zum Abklopfen des Gesichts bei einer myofunktionellen Störung, um die zu schlaffe oder zu angespannte Muskulatur entsprechend zu regulieren. Zur Aufmunterung und Motivierung sangen sie passende Lieder zu jeder einzelnen Übung, wie z.B. „Hey Pippi Langstrumpf“.

Das Castillo Morales-Konzept kannte ich bis zu meinem Praktikum auch nicht. Nachdem ich die Therapieweise mehrmals sah, erklärte mir meine Chefin, dass es eine manuelle Stimulation der Muskulatur sei. Dabei werden die Hände an verschiedenen Körperstellen aufgelegt, um Bewegungen mehr auszuprägen und die Muskulatur zu lösen.

Nach diesen zwei ereignisreichen Wochen startete meine Praktikumszeit im Kindergarten. Dort verbrachte ich meine Arbeitszeit in einer Regelgruppe, welche sich „Die Spatzen“ nannte.

Ich beobachtete die Kinder beim Frühstücken ihres mitgebrachten Essens. Einige Kinder hatten sehr abwechslungsreiches Frühstück mit Vollkornbrot, Joghurt, Obst und Gemüse mit, während andere täglich Weißbrot ohne Rand und Joghurt zum Frühstück aßen. Dabei fiel mir ein Kind besonders auf, bei dem ich vermutete, dass das Lispeln, also der Sigmatismus, durch eine zu einseitige weiche Kost kommen könnte. Durch Gespräche mit den Erzieherinnen stellte sich heraus, dass dieses Mädchen bereits in mehreren Intervallen logopädisch behandelt wurde.

Abschließend kann ich sagen, dass ich in den Wochen des Praktikums sehr viel Gelerntes aus der Theorie in das praktische Arbeiten umsetzen konnte. Zudem habe ich durch die verschiedenen Einblicke im Kindergarten und in der Praxis viele neue Vorgehensweisen in Hinsicht auf Kontaktaufnahme und Motivation sowie Behandlung von Störungsbildern bekommen. Ich bin immer mehr davon überzeugt, dass der Beruf der Logopädin meinen Vorstellungen und Wünschen entspricht und freue mich auf die weitere Ausbildungszeit.

Nele, 1. Ausbildungsjahr

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